IMG 20231110 103528219Im Evangelischen Religionsunterricht haben wir uns anlässlich des „Novemberpogroms“ (Verwüstungen, Zerstörungen, Verfolgungen) an jüdischen Einrichtungen und Geschäften vor 85 Jahren mit diesem Thema beschäftigt, um das Erinnern wachzuhalten. Damit wir einen Einblick in die Vielfalt und Verbreitung jüdischer Andachtsstätten und Bethäuser bekommen, haben wir 29 ausgesuchte Tempel, Synagogen und Vereinsbethäuser auf einem Stadtplan von Wien mit Gebäudesteinen markiert.

Danach haben wir die geschätzte Zahl von jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürgern vor 1938 mit Figuren symbolisiert. Auf einen „Schlag“ wurden systematisch und von obersten Stellen angeordnet am 9. November 1938 und in den nachfolgenden Tagen, Wochen, Monaten und Jahren diese jüdischen Stätten des Gebets und des Zusammenkommens verwüstet, in Brand gesteckt, mit Handgranaten gesprengt und geplündert. Von den 29 großen Synagogen, Tempeln blieb als einzige die Synagoge in der Seitenstettengasse im 1. Bezirk weitgehend in ihrer Baustruktur verschont. In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurden in Wien binnen Stunden somit fast alle Synagogen zerstört. 18 Synagogen und 78 Bethäuser gab es zuvor in Wien. Die Novemberpogrome wurden in ganz Österreich und Deutschland von den Nationalsozialisten vorbereitet und hatten zum Ziel, das institutionelle jüdische Leben zu zerstören. Doch auch tausende Geschäfte und Wohnungen von Juden und Jüdinnen wurden in dieser Nacht überfallen, viele ihrer Besitzer ermordet, viele verhaftet, oder in den Suizid „getrieben“. Von den einst mehr als 200.000 Jüdinnen und Juden, die 1938 in Wien gelebt, gewohnt und gearbeitet haben, lebten nach 1945 nur noch geschätzt 5.000 auf österreichischem Staatsgebiet. Bis ins Jahr 1951 wuchs die jüdische Bevölkerung in Österreich dann auf 11.000 an. 2021 waren es jedoch gezählt nur mehr 5.400 Jüdinnen und Juden, Tendenz fallend. Die Gründe dafür sind gewiss der zunehmende Antisemitismus und offen gezeigte Ablehnung, die spürbar, erlebbar und in den Daten der angezeigten Vorfälle und Übergriffe offensichtlich wird. Für die österreichische Bevölkerung und Gesellschaft war es, ist es und bleibt es beschämend. Es ist bestimmt eine Zeit für Veränderungen. Denn es darf doch in Österreich im Jahr 2023 nicht sein, dass es Anschläge gibt, wie auf dem Jüdischen Friedhof in Simmering, Fensterscheiben von jüdischen Geschäften eingeschlagen werden, und von Gruppen zum Boykott von Konzernen und Lebensmitteln mit Bezug zum Staat Israel aufgerufen wird. Wir müssen an jedem Ort auch heute dafür einstehen, dass kein Mensch aufgrund der Herkunft, der Sprache, der Religion, der Ansichten dann Diskriminierungen, Anfeindungen oder Angriffen ausgesetzt ist.
Klassen 3AB, 4AB, 6A, 8AB – evangelische Religion (Harald Kluge)
Quellen: Statistik Austria.