SchulprojektMein Name ist Julian Köb und es ist schon ein ganzes Jahrzehnt her, dass ich an der Gymnasiumstraße maturiert habe – und in diesen zehn Jahren ist sehr viel passiert!
Im Anschluss an meine Matura am G19 habe ich ein Gap Year absolviert, welches mich unter anderem in ein österreichisches Kinderdorf nach Kambodscha gebracht hat, wo ich als Englisch- und Computerlehrer und als Freizeitgestalter für knapp 50 Waisen, Halbwaisen und verlassene Kinder gearbeitet habe.

Nach kurzer Zeit wurde mir schon bewusst, wieviel in einem Entwicklungsland wie Kambodscha vorangebracht werden kann und wie sehr der Lebensweg von so vielen Kindern und Teenagern langfristig zum Positiven verändert werden kann, wenn man sich die Zeit und richtigen Ressourcen zur Hand nimmt. Das führte dazu, dass ich auch nach diesem Gap Year meine Arbeit in Kambodscha fortsetzte und nach 7 Jahren dann schließlich im Jahr 2021 meine eigene Organisation „Thomlang – Cambodian Youth Support“ gründete, um motivierte kambodschansiche Student:innen auch weiterhin in ihrem Leben zu unterstützen.

Aber warum braucht man gerade dort so viel Unterstützung von außen?

Historisch gesehen hat es Kambodscha im 20. Jahrhundert nicht leicht gehabt, was aber insbesondere vom Westen bis heute oft unbeachtet bleibt. Als neutrales Land wurde das Gebiet im Rahmen des Vietnamkrieges gemeinsam mit Laos Opfer tausender Bombenangriffe der US-Armee, weshalb die beiden Länder heute an der Spitze der meist zerbombten Länder der Welt stehen, ohne überhaupt jemals direkt in diesem Krieg involviert gewesen zu sein. Dies führte indirekt dann in den späten Siebzigerjahren zur Machtergreifung und Schreckensdiktatur der Roten Khmer, einer radikal-kommunistischen Bewegung, die innerhalb von vier Jahren etwa 2 Millionen Kambodschaner:innen, also ein Viertel der damaligen Bevölkerung, ermordete und das Land dadurch weiter in seinen Fundamenten zerriss. Zurück blieb ein zerstörtes und traumatisiertes Land, das alle Bruchstücke selbst in die Hand nehmen musste, um sich wieder aufzubauen.

Heute zählt Kambodscha laut den Vereinten Nationen nach wie vor zu den neun unterentwickeltsten Ländern Asiens. Weite Teile der ländlichen Provinzen sind nur über Dirt Roads, also unasphaltierte Straßen, zu erreichen, welche gerade in der Regenzeit schnell überschwemmt werden. Nur 18% der ländlichen Haushalte haben sicheren Zugang zu Wasser, fast jeder fünfte Mensch in Kambodscha hat keinen Zugang zu Toiletten. 6 von 10 Volksschulen haben keine Möglichkeit für die Schulkinder, sich die Hände zu waschen. Die Armut ist so groß, dass es gerade für junge Menschen oft keine Perspektiven gibt und keine Möglichkeit, einen Bildungsweg einzuschlagen. Stattdessen sind sie durch die Umstände oft dazu gezwungen, ihre Schulbildung frühzeitig abzubrechen und beispielsweise in Kleidungsfabriken arbeiten zu gehen, was nicht nur menschenrechtswidrige Arbeitsverhältnisse, sondern auch extrem niedrige Gehälter mit sich bringt – und so die Armutsfalle am Laufen hält.

Und gerade deshalb habe ich mich nach 7 Jahren ehrenamtlicher Arbeit in diesem Land dazu entschlossen, all diese Jugendlichen, die ich bereits so gut kannte und an deren Lebensweg ich schon intensiv beteiligt sein durfte, auch in den ersten Jahren ihres Erwachsenenlebens weiter zu unterstützen, um sie endgültig und nachhaltig aus der Armutsfalle herauszuholen.

Seit der Gründung von „Thomlang – Cambodian Youth Support“ vor drei Jahren arbeiten meine Schwester Johanna, ebenfalls eine ehemalige G19 Schülerin, und ich tagtäglich daran, kambodschanische Schüler:innen und junge Erwachsene bei der Gestaltung ihrer Zukunft zu unterstützen. Das erfolgt aufgrund unserer langjährigen persönlichen Beziehungen auf komplett individueller Ebene. Wir unterstützen unsere Student:innen primär durch die Finanzierung von Bildungswegen: von Lehren über Sprachkurse in Sprachen wie Englisch oder Chinesisch, bis hin zur Abdeckung von Studiengebühren, um Bachelor- und Master-Studien an Universitäten zu ermöglichen. Damit sich unsere Schützlinge voll und ganz auf ihre Bildung fokussieren können, kümmern wir uns auch um alle nebenbei anfallenden Kosten: Schulmaterialien wie Bücher, Laptops und Smartphones und Lebenskosten für Monatsmieten, Nahrungsmittel, Hygieneprodukte und medizinische Ausgaben werden selbstverständlich von uns übernommen.
Uns ist es extrem wichtig, dabei niemandem vorzuschreiben welche Berufsrichtung sie einzuschlagen haben, sondern ihnen stattdessen ihre persönlichen Träume zu erfüllen und sie in ihren jeweiligen Talenten zu stärken. Wir sind sehr stolz darauf, dass unsere Student:innen dadurch die Möglichkeit haben, diverseste Richtungen einzuschlagen: von Ausbildungen in der Landwirtschaft, Elektrik, Technik oder Beauty & Makeup, bis hin zu Studien in Psychologie, Marketing, Management, Maschinenbau, Jus und Pharmazie.

Ich habe mich bei der Gründung dieser Organisation ganz bewusst für einen Namen entschieden, der unsere Arbeit transparent widerspiegelt. Dabei steht nicht nur der „Cambodian Youth Support“ großgeschrieben, sondern vor allem auch das kambodschanische Wort Thomlang, das übersetzt „Groß werden“ bedeutet. Das ist nämlich genau das was ich als Vorsitzender mit unseren vielen Student:innen tue: durch meine vorherige Arbeit kennen wir uns inzwischen teilweise seit zehn Jahren, was nicht nur bedeutet, dass wir extrem familiäre, enge Beziehungen zueinander haben, sondern auch, dass die Arbeit dieser Organisation respektvoll, auf Augenhöhe, und zielführend erfolgt. Nur wenn man den Charakter eines Menschen gut kennt, kann man ihn auch richtig motivieren, in seinen Talenten fördern, in schwierigen Zeiten begleiten und adäquat auf eine selbstständige Zukunft vorbereiten. Gerade für eine Gruppe von Menschen, die ohne Elternfiguren und ohne Familie aufwachsen, ist es wichtig eine Vertrauensperson zu haben, die in ihre schwachen Momente präsent ist und weiß, wie ihnen auf emotionaler Ebene zu helfen ist.

Dank vieler Spenden ist unser Projekt am Wachsen. Das erlaubt uns, uns nicht mehr nur ausschließlich den Bildungswegen einzelner Student:innen zu widmen, sondern auch manche Familien mit Lebensmittelspenden und Schulmaterialien zu versorgen. Einmal im Jahr machen wir auch Community Projekte in Volksschulen und haben bisher beispielsweise bereits Sanitäranlagen und Händewaschstationen gebaut oder ganze Schulen mit Schulmaterialien ausgestattet.

Dementsprechend bin ich unglaublich dankbar für jede Form von Unterstützung für dieses Projekt, da jede Spende unseren Student:innen direkt zu Gute kommt und ihnen dabei hilft, eine Chance auf Bildung und somit einen Weg aus der Armutsfalle zu haben.

Vielen herzlichen Dank an alle, die Interesse an unserer kleinen kambodschanischen Familie gezeigt haben und vor allem ein großes Dankeschön an alle, die uns im Rahmen des G19 Adventmarkts, so großzügig mit einer Weihnachtsspende unterstützen!

Website: https://cambodianyouthsupport.com/de/home-deutsch/

Instagram: @cambodianyouthsupport
TikTok: @cambodianyouthsupport
Facebook: https://www.facebook.com/cambodianyouthsupport

Quellen:

https://unctad.org/topic/least-developed-countries/list

https://opendevelopmentcambodia.net/topics/water-and-sanitation/#:~:text=In%202020%2C%20only%2027%20percent,percent%20depending%20on%20surface%20water.

https://www.bbc.com/news/world-asia-67582813